Was tun, wenn man ein paar Lautsprecher geschenkt bekommt...?
Bei der Renovierung eines Kaufhauses mussten recht viele Lautsprecherboxen entsorgt werden, aus denen vormals die übliche Kaufhausmusik auf die Besucher hinunterrieselte. Da viele parallelgeschaltet waren, verwendeten sie das 50V/100V System. Ein direkter Anschluss an die Stereoanlage ging also nicht. Wenn man schon den Übertrager in jeder Box ausbauen muss, dann kann man auch gleich alles umbauen um daraus Aktivboxen für das Handy zu machen.
Das Prinzip
Als Gehäuse dient gängiges Abflussrohr, das alle möglichen Aufstellmöglichkeiten und Variationen bietet (siehe unten).
Die Lautsprecher haben einen Durchmesser von 130mm. Mit etwas Fummelei passen sie genau in die Dichtungsnute von 125mm Abflussrohren.
Hierzu müssen die vier Befestigungslaschen der Lautsprecherchassis, die aus der runden Lautsprecherkontur herausstehen, mit der Eisensäge entfernt werden. Dabei habe ich auch gleich an zwei gegenüberliegenden Seiten den Außenrand der Lautsprecher abgeflacht. Denn nur so gelingt es, den Lautsprecher in das Rohr zu schieben.
Vor dem Einsetzen des Lautsprechers muss aber erst mal das Dichtungsgummi verschwinden.
Damit der Lautsprecher fest sitzt, setze ich das Dichtungsgummi von der Rückseite wieder ein.
Die Elektronik
Damit es auch richtig laut wird, habe ich mich für einen 10W Autoradio-Verstärker IC entschieden: Der TDA2003 kann direkt 4Ohm Lautsprecher treiben und braucht eine minimale Spannung von 8V, was eine 9V Blockbatterie als Spannungsversorgung ermöglicht.Für das IC und die wenigen passiven Komponenten braucht man nicht viel mehr als 1 Euro auszugeben.
Will man nur einen Lautsprecher verwenden, dann braucht man natürlich nur einen Verstärker. Bei Stereo logischerweise einen pro Kanal bzw. pro Lautsprecher. Bei der Monoversion sorgen die beiden 680Ohm Widerstände dafür, dass beide Stereokanäle des Handys zuammengemischt und verstärkt werden. Sonst fehlen Teile der Musik.
Hier der Aufbau meines Prototyps:
Die Schaltung ist so einfach, dass sie sich leicht auf einem Rest LochrasterpLatine aufbauen lässt.
Man kann sich das Leben noch leichter machen und auf einen Bausatz zurückgreifen. Diese Bausätze findet man zum Teil für unter 3 Euro. Zum Beispiel hier: http://pollin.de
Ich habe mich für eine sehr einfache Befestigung entschieden. Alles hängt an dem Schiebeschalter, mit dem die Schaltung ein- und ausgeschaltet wird.
Der Schieber ist etwas kürzer als die Bodenplatte (Rohrstopfen) dick ist - so ragt er nicht heraus und man kann die Box einfach auf den Tisch stellen.
Um den versenkten Schalter möglichst einfach bedienen zu können, sitzt er in einem 10mm Loch. Wer es eleganter möchte, kann natürlich auch ein rechteckiges Loch feilen. Dann ist aber die Bedienung etwas fumeliger.
Den Rohrstopfen setze ich übrigens ohne Dichtung ein, damit er sich leichter abnehmen lässt. Eine kleine Schraube sichert ihn gegen Herausfallen.
Variationen
Ghettoblaster-Konfiguration
Modell Dampfer
Modell Raumklang
Edelversion
Mit etwas Farbe und einem passenden Lautsprechergitter wird das Teil sogar wohnzimmertauglich.Das Gitter habe ich mit OpenSCAD gezeichnet und auf einem 3D-Drucker aus PLA ausgedruckt.
OpenSCAD ist besonders deshalb geeignet, weil sich so die vielen Löcher algorithmisch mit for()-Schleifen erzeugen lassen. Da 360° viele ganzzahlige Teiler hat, lässt sich für jeden Radius die passende Anzahl Löcher finden.
Die x,y Koordinate jedes Loches ergibt sich aus:
x = Radius * sin(winkel)
y = Radius * cos(winkel)
Der Winkel wird dann in der jeweiligen Schrittweite von 0° bis 360° hochgezählt.
Hier das Programm mit Ergebnis:
Hier die Datei für den 3D-Drucker (skaliert für ein 125mm Rohr): muTube_3.stl
Hier entstehen gleich noch ein paar Deckel für eine Kleinserie
Besonders stolz sind wir natürlich darauf, dass wir es mit diesem Projekt auf die Titelseite der Make: geschafft haben.
Hier der Link zum Heise-Shop wo man das Heft bestellen kann: https://shop.heise.de/make-2-2016